[Lesen Sie bitte zuerst den ersten Teil des Beitrags: „Einkaufserlebnisse (1. Teil)“]

Als ich noch kein Deutsch sprechen – zumindest keine vollständigen und vor allem verständliche Sätze bilden – konnte, ging ich ungern in kleinen Läden einkaufen. Ich hatte Angst, Fehler zu machen, nicht verstanden zu werden oder mich irgendwie zu blamieren. Ich versuchte also, fast alles im Supermarkt zu besorgen, wo ich beim Einkaufen mit niemandem zu reden brauchte. Und dann eines Tages ist es passiert! Genau das, was ich schon immer befürchtet hatte. Ausgerechnet bei den Kartoffeln, einem der ersten deutschen Wörter überhaupt, die ich gelernt hatte, haben meine noch ziemlich dürftigen Sprachkenntnisse kläglich versagt und mich in Stich gelassen.

Ich war auf dem Pasinger Obst- und Gemüsemarkt und hatte mich vor einem Gemüsestand brav angestellt. Ich wollte unter anderem Kartoffeln kaufen. Also eigentlich eine relativ einfache Aufgabe, wenn auch nicht die Leichteste, wenn man bedenkt, dass Deutschland das Land der Kartoffeln überhaupt ist und dass auf dem Münchner Viktualienmarkt bis zu zwanzig verschiedene Sorten davon angeboten werden. Als ich an der Reihe war, wurde ich freundlich begrüßt:

– Hallo, grüß Gott. Was wünscht der junge Mann?

Ich hatte während der Wartezeit die Bestellung in Gedanken mehrmals geübt und war mir so sicher, dass ich es auch noch ziemlich laut gesagt habe:

– Zwei Kilos Kartoffelsalat, bitte!

Alle Leute um mich herum haben meine Bestellung gehört, und es gab keinen, der nicht lachen musste. Ich dagegen war sehr verlegen, weil ich nicht verstand, wo das Problem lag.

– Meinen Sie vielleicht Salatkartoffeln?, fragte mich nach einer Weile schmunzelnd der Verkäufer.

– Ja, das meine ich! Kartoffelsalat, Salatkartoffel … Was ist denn daran so lustig? Ich war sehr irritiert. Wie kann man wegen einer kleinen Wortdrehung jemanden auslachen? Den deutschen Humor habe ich sowieso nie wirklich verstanden. Dass der Plural von Kilo auch Kilo ist, habe ich aber inzwischen gelernt.

Jahre später habe ich dann eine besondere Genugtuung erfahren, als ich beim Einkaufen in einem kleinen Supermarkt in Großhesselohe, im Süden von München, war. Inzwischen hatte ich meine anfänglichen Bestellschwierigkeiten völlig überwunden. Eine ältere Dame, die vor mir an der Wurst- und Käsetheke wartete, fragte die Verkäuferin:

– Haben Sie vielleicht Knockies?

– Na, mir hoam koa Knochen net! (auf Deutsch: Nein, wir haben keine Knochen.)

– Ah, sagte ich mir, das muss die berühmte bayerische doppelte Verneinung sein! Das haben die Bayern bestimmt von uns Italienern abgehört und gleich in ihre Sprache aufgenommen.

Die Verkäuferin dachte vermutlich, dass die Kundin etwas zum Knabbern für ihren Hund haben wollte. Ich dagegen, als Italiener mit einigen Jahren Berufserfahrung als Italienischlehrer, ahnte, was die Frau wollte. Zum ersten Mal verstand ich eine Frage auf Deutsch besser als eine bayerische Verkäuferin! Da musste ich mich doch unbedingt in das Gespräch einmischen, was ich normalerweise sonst nie tun würde. Was geht mich sonst das an?

– Die Dame meint bestimmt die ‚Gnocchi‘. Wissen Sie, diese kleinen Kartoffelklößchen aus Italien.

Inzwischen glaube ich, dass mir so etwas nicht mehr passieren würde. Die allgemeinen Italienischkenntnisse der Deutschen sind, zumindest was die gebräuchlichsten Namen von italienischen Lebensmitteln betrifft, wesentlich besser geworden. Nur einmal musste ich einer jungen Kassiererin erklären, was ich für eine merkwürdige stachelige Gemüsesorte kaufen wollte.

– Was ist das, bitte? fragte sie mich ein wenig ratlos.

– Auf Deutsch heißen sie, so viel ich weiß, Artischocken.

Man bekommt heutzutage auch in Deutschland fast alles, was man in Italien kaufen kann, und Deutsche kennen sich inzwischen mit rucola, parmigiano, aceto balsamico und mozzarella sehr gut aus. Nur bei einzelnen Begriffen klappt es mit der Aussprache immer noch nicht so richtig und nicht selten versuchen dann Italienisch sprechende Deutsche in Italien Fisch (pesce) statt Pfirsiche (pesche) am Obst- und Gemüsestand auf dem Markt zu kaufen oder, schlimmer noch, im Restaurant Hund (cane) statt Fleisch (carne) zu bestellen!